Die Hotellerie muss als hochprofessionelles Business betrieben werden. Vor Krisen sind wir nie geschützt.
Die dipl. Hôtelière EHL und Verwaltungsrätin Bettina Plattner-Gerber schildert im Interview wie sie Business Excellence definiert und wie das EFQM-Modell Orientierung «im Dschungel der Möglichkeiten» bietet.
Für was steht EFQM?
EFQM bietet einen breiten Rahmen, in dem ein Unternehmen zu Höchstleistungen fähig wird. Und zwar unabhängig von Reifegrad und Branche. Ein super Instrument, theoretische Dinge in der Praxis zum Einsatz zu bringen und ständig zu messen, um sich zu verbessern. Das Business Excellence Modell hilft einfach, Überblick zu schaffen und den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung zu sehen. Es ist fast wie eine Schablone, die man über das Unternehmen legt. Ohne ein solches Instrument irrt man im Grunde immer in einem unendlichen Raum herum, ohne genau zu wissen, wo das Unternehmen stark ist und wo Entwicklungsbedarf ist.
Führen mit Schablone?
Das wäre zu kurz gedacht. Es geht vor allem um Leitplanken. Wenn ich mit EFQM denke, dann habe ich alles drin. Und innerhalb dieses Rahmens bin ich ganz frei, ich kann da reinpacken, was ich will. Und dann messe ich wieder und sehe, ja das war gut, oder ich stelle fest, dass ich etwas mache, das gar nichts bringt, also weg damit. Es hilft mir einfach zu erkennen, ob ich wirksam bin. Je klarer die Vision ist und je klarer sie kommuniziert wird, desto einfacher wird es, Menschen zu führen. Und EFQM hilft genau dabei. Weil das Modell klar sichtbar macht, wo und wie die Dinge fliessen, wo es gut ist, wo weniger gut, wo überhaupt nicht.
Welche Chancen hat EFQM, in der Hotellerie breiter Fuss zu fassen?
Eigentlich sehr gute, wenn es gelingt, in der Branche verständlich zu machen, dass es nicht so schwierig ist, wie oft angenommen wird. Und wenn es gelingt, das Modell zu übersetzen und seine Einfachheit zu zeigen. Das grösste Problem für Hoteliers ist die fehlende Zeit. Führungspersonen in der Hotellerie haben nie Zeit, sie sind praktisch im 24-Stunden-Betrieb an der Gäste- und Mitarbeiterfront beschäftigt. In der Hotellerie werden wir oft «gestört», wir haben quasi einen Posten am Schalter, müssen immer präsent sein. Das erschwert die Möglichkeit, sich zurückzuziehen und über den Tellerrand hinauszuschauen und zu -denken.
Wie kann das Zeitargument entkräftet werden?
Indem man aufzeigt, dass das Modell an sich nicht so schwierig ist, dass man es gut in die Hotellerie übersetzen kann. Indem man die Strategien näherbringt, zeigt wie das Modell in den Alltag integriert werden kann. Ein Hotelier muss lernen, sich mal aus dem Alltagsgeschehen herauszunehmen, sich so zu organisieren, dass er Zeit zum Nachdenken hat, über seine Strategie, seine Führung, über die Zukunft. Am besten kann er das gleich mit EFQM machen.
EFQM als Landkarte zum Denken?
Das Modell erleichtert viel, was Hoteliers ohnehin tun müssen. Es bietet Orientierung im Dschungel der Möglichkeiten. Die Hotellerie muss als hochprofessionelles Business betrieben werden. Vor Krisen sind wir nie geschützt. Mit EFQM haben wir hier ein Fitnessgerät auf dem Silbertablett.
Die Dipl. Hôtelière EHL (Hotel maistra 160 Pontresina, Hotel Saratz Pontresina, Hotel Castell Zuoz) und Tourismusunternehmerin engagiert sich als Verwaltungsratspräsidentin der Gasthaus Krone La Punt AG und ist Autorin von «Wenn Paare Unternehmen führen, ein Handbuch» sowie «Engadin St. Moritz – ein Tal schreibt Geschichten». Sie ist Miteigentümerin der Marke ALPINELODGING, ein neues Konzept für Ferienwohnungen mit Dienstleistungen in Engadin St. Moritz.